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Wochenend-Markt vor der Kathedrale

Wochenend-Markt vor der Kathedrale

Im Bus von Panajachel nach Quetzaltenango treffe ich eine junge Frau aus Polen. Sie arbeitet für eine Nicht-Regierungs-organisation als Schwangerschaftsberaterin und gibt Kurse in Geburtshilfe. Dafür ist sie ständig zwischen Antigua im Hochland von Guatemala und San Cristobal de las Casas in Chiapas/Mexiko unterwegs. Das Gebiet, das sie betreuen muss, ist riesig. Sie erzählt einiges über ihre Arbeit, über die Säuglingssterblichkeit, die Ausbildung des Personals und allgemein über die Gesundheitsversorgung vor allem in den Gebieten der indigenen Bevölkerung. Aber sie fühlt sich gut dabei, in Polen war sie schon seit vier Jahren nicht mehr. Quetzaltenango (auch Xela genannt) hat 160.000 Einwohner, ist also eine richtig große Stadt und liegt auf 2.300 m Höhe. Entsprechend kühl ist es in den Abendstunden und nachts. Die Anzahl der Touristen, die es hierhin verschlägt, ist nicht allzu groß. Wieder einmal bin ich im wirklichen Guatemala. Die zentrale Plaza heißt hier „Parque Centro America“ oder kurz „Parque“. Der erste Stadtbummel bringt mich natürlich auf den Mercado la Democracia, den Markt. Das ist ein ganzes Stadtviertel, hier tobt das Leben. In der Gegend in der Nähe der City gibt es noch viele kleinere Plazas aber das gesellschaftliche Leben spielt sich rund um den Parque ab.

In der Kathedrale ist viel Betrieb, jeden Freitag finden in den sechs Wochen vor Ostern Prozessionen statt. Da ziehen die Heiligen auf Tragbaren in eine andere Kirche um und die Gläubigen haben Zeit und Gelegenheit, in ihrer Kirche zu beten und auch eine Kleinigkeit für wohltätige Zwecke zu Spenden. Die „semana santa“, die Woche vor Ostern, ist das wichtigste christliche Fest in Lateinamerika. Wichtiger als Weihnachten. Der Parque ist voll von Menschen, die die Prozession verfolgen. Am südlichen Ende des Parque haben sich unzählige Händler vor allem mit Imbiss-Ständen eingefunden und bieten ihre Leckereien an. Vieles koste ich, die Preise sind dem Geldbeutel der Einheimischen angepasst, ich muss manchmal etwas mehr bezahlen. Da nicht viele Touristen in der Stadt sind, hält sich die Zahl der Andenkenverkäufer in Grenzen.

Am nördlichen Ende der Plaza hat die Universität der Stadt eine Bühne aufgebaut. Heute haben die Studenten hier irgendetwas zu feiern. Ich erkundige mich, wann die Veranstaltung losgeht und bin um 20.00 Uhr wieder zur Stelle. Da laufen schon die heißen Rhythmen, auf der Bühne wird Salsa getanzt. Ein paar hundert Leute schauen zu. Bei Musik und Tanz gibt es keine Pausen, die Stimmung unter den Zuschauern ist locker. Dann beginnt ein Feuerwerk, die Raketen und Böller werden aus der Menge abgeschossen. Die Knallerei dauert einige Minuten, dazu ertönt immer noch Musik und ein Sprecher hält eine kurze Rede. Ich ärgere mich etwas, dass ich meinen Fotoapparat zu Hause gelassen habe. Dann wird die Bühne von einer Gruppe schwarz vermummter Gestalten mit Kapuzen übernommen. Die Veranstaltung kippt ins Politische. Die Studenten verlesen ihre Forderungen. Soweit ich einzelne Worte verstehen kann, geht es gegen Polizei, Militär und Korruption. Auf der Bühne werden Parolen skandiert, etwa ein Drittel der Zuschauer strecken ihre geballten Fäuste in die Höhe. Es ertönen Sprechchöre. Auch der Rest der Zuschauer hört zu und geht nicht weg. Inzwischen ist es 21.30 Uhr, ich gehe doch lieber zurück in mein Hotel. Aber die Befürchtungen waren umsonst, keine Straßenschlachten mit der Polizei, alles bleibt ruhig, am nächsten Morgen wird die Bühne abgebaut.

#031 Quetzaltenango, GT – http://goo.gl/maps/EyrWV

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