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Warten auf Kundschaft

Warten auf Kundschaft

Von Pisté nach Valladolid braucht der Bus nicht mal eine Stunde. Um die Mittagszeit bin  ich an der Busstation in „Valla“. Die beiden Übernachtungsempfehlungen des „Lonely Planet“ sind nur ein paar Gehminuten entfernt. Als erstes versuche ich es im „Hostal Los Frailes“ und frage nach einem „Private room“. Man bietet mir für 320 Pesos ein unfreundliches, dunkles Loch, ziemlich unaufgeräumt und heruntergekommen an. Alles sieht liederlich aus, ins Bad schaue ich gar nicht erst. Aber gut, es ist eben ein Hostal. Die nächste LP-Empfehlung ist „Hotel Tunich-Beh“. Die Räume sind hier zwar auch etwas dunkel aber sehr groß und auch sonst ist alles sauber und ordentlich. Auch das Bad ist in Ordnung. Nur der Preis ist mit 600 Pesos (=36 EUR) pro Nacht für mexikanische Verhältnisse total überzogen. Preisverhandlungen sind nicht möglich. Wieder einmal mache ich die Erfahrung, dass die im „Lonely Planet“ gelisteten Unterkünfte aus verschiedenen Gründen nicht immer empfehlenswert sind. Im Tunich versuche ich noch meinen Rucksack für die weitere Quartiersuche unterzustellen – keine Chance. Letztlich finde ich ein nettes Hotel zwei Blocks von der Plaza entfernt für exakt den gleichen Preis wie im Hostal, nämlich 320 Pesos, also rund 20 EUR, pro Nacht – nur, dass hier alles in Ordnung ist.

Ich sehe mich noch in der Stadt um, alles ist klein und beschaulich und gut zu Fuß zu erreichen. Auch der Cenote Zaci, ganz in der Nähe des Stadtzentrums statte ich noch einen Besuch ab.

Am nächsten Morgen fahre ich nach Ek Balam, einer schönen, kleinen Maya- Stätte. Ek Balam liegt 17 km von Valladolid entfernt, man muss ein Taxi nehmen. Ich bin schon um 09.00 Uhr da und fast allein auf dem Gelände, es ist noch nicht so warm, total angenehm. Die ersten Tour-Busse treffen erst gegen 11.00 Uhr ein, da bin ich mit der Besichtigung schon fast fertig. Die Anlage liegt mitten im Busch, allerdings ist es wirklich Busch mit Sträuchern und kein Regenwald. Von hier aus kann man mit dem Fahrrad, der Motor-Rikscha oder zu Fuß die 1,5 km entfernte Cenote X’Canchè besuchen. Ich entscheide mich, zu laufen und werde mit einem tollen Schnappschuss eines schönen bunten Vogels belohnt. Das Bad im Kalksteinloch ist erfrischend. Obwohl Ek Balam inzwischen gut besucht ist, kommen erstaunlich wenige Leute hierher und wenn, dann haben sie meistens keine Badesachen mit oder müssen gleich wieder zurück zu ihrem Bus.

Als ich wieder zurück nach Valladolid fahren möchte, erwartet mich eine böse Überraschung. Es ist nur ein Taxi da und der Fahrer fährt mich nicht alleine, ich muss warten bis vier andere Leute kommen, so läuft das Geschäft. Was bleibt mir übrig, ich setze mich an den Ausgang der Tempel und spreche die Leute an, ob sie vielleicht auch mit dem Taxi nach Valladolid wollen. Aber es kommen nur Gruppen mit eigenem Bus oder Leute die irgendwo anders hinwollen. Irgendwann treffe ich auf eine australische Familie, die mich mit ihrem Fahrzeug mitnimmt. Die Familie,  d.h. Vater, Mutter und zwei Töchter (15 und 22), kommt aus dem Großraum von Brisbane und befindet sich auf Weltreise. Sie sind schon ein Jahr unterwegs, bleiben aber immer ganz lange am gleichen Ort. Zurzeit leben sie seit sechs Wochen in Merida. Die Mädchen haben Schule und Studium auf unbestimmte Zeit ausgesetzt – in Australien ist das möglich. Der Vater heißt Ferris und ist so etwas wie ein Seelendoktor (shrink). Sie waren auch lange Zeit in Indien und haben sogar beim Dalai Lama persönlich einen spirituellen Kurs gemacht. Ich bin über die Lebenskonzepte und Lebensläufe einiger Menschen, denen ich begegne, immer wieder aufs Neue erstaunt.

Jedenfalls bin ich wieder in Valladolid, eigentlich wollte ich noch die Cenoten Dzitnup und Samulà besuchen aber dazu ist es nun etwas zu spät. Dazu komme ich nun nicht mehr, denn für morgen früh habe ich schon die Fahrkarte nach Rio Lagartos in der Tasche.  Aber ich genieße den Rest des Nachmittags auf der Plaza und beobachte die Leute. Mir gegenüber liest ein Luftballon-Verkäufer ein Buch. Es handelt sich um: „Als Gott Harley Davidson fuhr“ von Joan Brady. Der Inhalt der Fabel wird bei amazon.de wie folgt beschrieben:

Mit 37 Jahren befindet sich die Krankenschwester Christine Moore an einem Tiefpunkt in ihrem Leben: Unzufrieden mit ihrer beruflichen Situation und frustriert in ihrem privaten Leben verzweifelt sie an sich selbst. In dieser Krise trifft sie den geheimnisvollen Motorradfahrer Joe, in dessen Person sie eine Begegnung mit „Gott“, der „Höheren Macht“ erlebt. Mit zeitgemäßen Geboten weist er Christine den Weg zu einem glücklicheren Leben. Sie findet schließlich zu einem erfüllten Sein voller innerer Kraft und Zufriedenheit.“

Ist schon nicht schlecht für einen Luftballon-Verkäufer. Erst vor ein paar Tagen hat mir ein Student der englischen Literatur erzählt, dass in Mexiko nur relativ wenig gelesen wird, im Durchschnitt ein Buch pro Jahr und Einwohner.

Ich beende den Tag mit einem wunderbaren Essen in einem kleinen Straßenrestaurant in der Nähe meines Hotels.

#025 Valladolid, MX – http://goo.gl/maps/pwhcK

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